Erinnerungen sind tückisch
Original vom 24.01.2013
Erinnerungen… wer schwelgt nicht gerne ab und zu in ihnen? Aber wie viele von uns haben sich schon einmal überlegt, ob es auch wirklich so gewesen ist? Wie wir alle wissen, ist schon die Wahrnehmung der momentanen Realität so ziemlich vom Beobachter abhängig. Und es wird nicht besser, wenn die Erinnerung so langsam verblasst, weil sie vielleicht schon einige Zeit her ist. Wir stellen in der Tat aber fest, dass wir die Vergangenheit, vergangene Erfahrungen und Erlebnisse immer gleich in Erinnerung haben. Oft sehen wir die Dinge selbst nach Jahrzehnten immer noch genau gleich wie damals. Aber was will uns das sagen? Denn eigentlich ist dies kein Beweis dafür, dass wir Recht haben – so, wie es viele ältere Menschen gerne anführen – sondern eher dafür, dass wir uns entweder seit Jahrzehnten nicht weiterentwickelt haben oder aber, dass wir an der Wahrheit einer früheren Wahrnehmung festhalten. Und zwar energisch!
Es ist nicht natürlich, dass unsere heutige Wahrnehmung und Interpretation einer Erfahrung, mit jener von vor X Jahren 1 : 1 übereinstimmt. Nun, zu welcher Kategorie gehörst Du? Zu den unter-entwickelten oder den Festhaltern? Ich gehöre zu jenen, welche gerne festhalten. Daher weiß ich, dass ich also nicht gerne meine Meinung ändere. Ich weiß, das klingt jetzt gar nicht vorteilhaft für mich. Aber bei genauerem Hinschauen, läßt sich dies auch als Chance nutzen. Ja, dadurch, dass ich mich so gut kenne und keinen Grund dafür sehe, nicht auch bei mir selbst, ganz genau hinzuschauen, weiß ich dadurch, dass ich offenbar eine Tendenz zum Rechthaben in mir trage. Somit gilt es für mich, immer achtsam zu sein, wenn mir andere Meinungen und Wahrnehmungen vom Universum zugetragen werden. Jede persönliche Schwäche ist somit eine Falle und wenn man sie kennt, ist die Chance groß, – wenn man sie ergreifen kann – dass man nicht in sie hineinfällt. Und, sie wird jedes Mal größer und wenn es manchmal auch nicht auf Anhieb klappt, irgendwann kennt man seine Fallen so gut, dass man zumindest nie mehr zwei Mal in dieselbe Falle fällt.
Erinnerungen sind also nicht wirklich fix. Zumindest nicht dann, wenn wir uns in der Zwischenzeit verändert haben. Was früher gewesen ist, dass war zwar so, aber nur damals! Von heute aus gesehen könnte sie nicht nur, sondern sollte sie eigentlich anders sein! Insofern bleibt auch die Vergangenheit nicht fix. Ich hoffe, dass dies noch verständlich ist? Also: Es ist, wie es ist und es war, wie es war… allerdings nur für uns.
Vielleicht hast Du auch schon einmal beobachtet, dass wenn man mit Menschen von damals spricht, die meisten eine, mehr oder weniger große Abweichung in Bezug auf die Erinnerung einer bestimmten Situation darlegen. In der Regel ist es so, dass je komplexer und eindrücklicher eine Erfahrung gewesen ist, desto größer sind die Unterschiede.
Selbst vor Gericht ist bekannt, dass Augenzeugenberichte so gravierend unterschiedlich sind, dass man sich nicht auf sie verlassen darf! Wir sehen nur allzu oft Dinge, welche wir erwarten anstatt das, was wirklich gerade geschieht. Wir alle kennen dieses Phänomen nur allzu gut. Bist nicht auch Du schon auf der Suche nach etwas gewesen, was direkt vor Deiner Nase war? Wenn Du das Gesuchte dort, wo Du suchst, keinesfalls dort erwartest, dann ist die Chance gross, dass Du es auch nicht sehen wirst. Dann rufst Du jemanden zu Hilfe, dieser schaut hin und da ist es. „Da ist es doch! Wie kann man nur so blind sein?“ So lauten dann die Kommentare und ich bin sicher, Du kennst sie. Aber genau so gut kann es eben auch sein, dass aus einem Fahrrad ein Motorrad oder aus einem Messer, eine Pistole wird.
Erinnerungen als Argumente
Viele Menschen, vor allem ältere glauben, dass erinnerte Geschehnisse (konservierte Erfahrungen) als Argument dafür, Recht zu haben, gälten. Aber das, was früher war kann nicht als Argument durchgelassen werden für etwas, was heute geschieht. Denn in der Zwischenzeit hat sich bestimmt viel verändert. Und wie wir nun wissen, sind die Erinnerungen im Kopf nicht unbedingt den Tatsachen entsprechend. Sie kommen also vornehmlich dann zum Zuge, wenn die echten Argumente ausgegangen sind. Nur wer keine gegenwärtigen Argumente hat, versucht sich in die Vergangenheit zu retten. Damit geben sie daher zu, dass sie keine wirkliche Antwort haben.
Ich sage nicht, dass man nicht aus seiner Vergangenheit lernen könnte, aber ich sage, dass jeder nur aus seiner eigenen Erfahrung lernen kann. Jemanden von etwas zu überzeugen, das geht nicht. Klar, man kann das, was im Keim vorhanden ist, erwecken und tiefergehend indoktrinieren. Man kann jemanden mit Folter dazu bringen, sich selbst und seine eigenen Überzeugungen zu übergehen und eine andere Sichtweise zu übernehmen, das geht. Aber – und das ist es, worauf es ankommt – sie werden nicht wirklich echt sein und somit nicht von ewiger Dauer sein.
Erinnerungen als Beweis
Was soll eine Erinnerung anderes beweisen, als das, dass man damals gelebt hat? Wahrnehmung ist sehr persönlich geprägt, das haben wir bereits festgestellt. Von ‚objektiv’ kann also keine Rede sein. Folglich ist mit ‚damals’ keine Beweisführung möglich. Erinnerungen dienen einzig dem persönlichen Wachstum. Sie sind nicht dazu gedacht, etwas zu beweisen oder als Argument des Recht-Habens zu dienen. Sie untermauern ja sowieso ständig nur die eigene Sichtweise.
Schöne Erinnerungen
Etwas anders verhält es sich aber mit schönen Erinnerungen. Diese dienen vornehmlich dem eigenen Genuß. Allerdings werden auch sie nur all zu oft dafür hergenommen um den anderen zu sagen, was für ein toller Mensch man selbst ist.
Erinnerungen kann man aber auch teilen
Und genau dazu ist sie auch gedacht. Erinnerungen sind da, um geteilt zu werden. Nicht um etwas zu untermauern oder die anderen von etwas Anderem zu überzeugen und auch nicht dazu, allen zu zeigen, wie toll man ist und wie erfüllt oder dramatisch das eigene Leben bisher gewesen ist. Erinnerungen auszutauschen dient dem Austausch von Wahrnehmungen und dem gegenseitigen Erweitern des eigenen Bewusstseins. Sobald Erinnerung einem anderen, bestimmten Zweck dienen soll, wird es langweilig und somit nervig. Geschichten müssen erzählt werden um des Erzählen willens. Es ist ein Austausch, mehr nicht. Dabei geht es nicht um Recht oder Unrecht, um Wahrheit oder was auch immer. Geschichten sind Geschichten, mehr nicht. Sie sind nicht wesentlicher – auch wenn sie für uns intensiv gewesen sein mögen – als alle anderen Geschichten, Sagen oder Märchen auch. Damit sage ich aber nicht, dass Deine Erinnerungen keinen Wert besäßen. Aber so wichtig wie Du sie machst, sind sie eben auch nicht. Geschichten sind gute Möglichkeiten um etwas zu verdeutlichen, was sonst schwer in Worte zu fassen ist. Aber dies gelingt nur dann, wenn ...[Mehr mit Premium]
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