Das Helfer-Syndrom
Original vom 03.01.2017
Anderen Menschen, Tieren und der Natur zu helfen, scheint vorerst eine gute Sache zu sein. Kaum einer erkennt jedoch die Gefahren dessen, wenn das Helfen zum Problem wird. Ja, das gibt es. Genau so, wie auch die ganzen Gutmenschen ihre Unterscheidungsfähigkeit welche zwischen Hilfe und Gefahr verloren haben, verlieren auch viele spirituell orientierte Menschen die Weisheit des Nicht-Helfens.
Auch ich dachte früher, dass zu helfen immer angebracht sei. Hellhörend wurde ich durch einige Begebenheiten an denen ich Euch gerne teilhaben lassen möchte. Früher, als ich noch als Medium und Heiler arbeitete, konsultierte mich ein Mädchen welches unter fürchterlicher Schuppenflechte litt. Ihr ganzer Kopf war eine einzige Kruste verklebter Haare. Ich hatte unglaubliches Mitgefühl ja, sogar Mitleid. Unter Tränen bat sie mich um Hilfe und ich wollte nichts lieber, als ihr zu helfen wieder gesund zu werden. Ich behandelte sie und spürte, dass ich am Erfolg zweifelte. In meiner Verzweiflung bat ich, ebenfalls unter Tränen, die geistige Welt um Hilfe. Ich betete zu Gott, zu Jesus und meinen geistigen Begleitern, den ‚Freunden des Lichts’. Ich flehte um mehr Heilkraft.
Doch die geistige Welt antwortete nicht wie ich es mir gewünscht hätte, sondern sagte: „Wir können Dir keine stärkeren Heilkräfte zukommen lassen, dafür bist Du ein viel zu schlechter Heiler. Ich wurde wütend und argumentierte wie folgt: „Ich, ein schlechter heiler?! Ich, der ich Tag und Nacht, rund um die Uhr und ohne Rücksicht auf Feiertage oder sonstige Angelegenheiten zu jeder Zeit uneingeschränkt für alle Hilfesuchenden zur Verfügung stehe?! Ich, der niemandem eine Sitzung oder Behandlung verwehrte ungeachtet dessen, ob sie mich bezahlen konnten oder nicht?! Ich, der sich nichts sehnlicher wünscht, als anderen zu helfen?! Ausgerechnet ich sollte ein schlechter Heiler sein?!“ Und sie antworteten mit einem klaren und deutlichen: „Ja.“ Darauf versuchte ich wie folgt zu widersprechen: „Ich, ausgerechnet ich, der immer und jeden heilen würde?!“ „Genau!“ Hörte ich die innere Stimme sagen. „Genau deswegen bist Du ein schlechter Heiler. Weil Du nicht unterscheiden kannst, für wen Heilung wirklich hilfreich ist und wer die Erfahrung noch braucht um spirituell zu wachsen. Du würdest jedem sein Leid wegnehmen ungeachtet dessen, was wirklich gut für ihn ist. Du kannst nicht unterscheiden, Dein Blick reicht dafür noch viel zu wenig weit.“
Rumms, das hat gesessen. Als sich meine Frustration gelegt hatte, dachte ich darüber nach. Und es stimmte. Ich hatte da ein Problem von welchem ich bis anhin nicht wusste, dass ein solches überhaupt existiert. Für mich war zu Helfen gut und zwar immer. Ich konnte damals nicht sehen, dass es mein Problem war, dass ich immer helfen wollte ja, sogar musste. Ich konnte gar nicht anders. Ich wollte ja auch von ganzem Herzen ein guter Mensch sein. Ich konnte einfach nicht mit Leid klarkommen. Dies war meine Schwäche. Mein Mitleid zwang mich dazu alles Leid aus der Welt schaffen zu wollen. Ich war also unfähig mit Leid umzugehen. Selbst heute, ein Vierteljahrhundert später, fällt es mir noch immer schwer jemandem sein Leid zu lassen. Ich bin ununterbrochen am lernen, wenn es seelisch besser ist, den Menschen auch ihr Leid zu gönnen. Ja, das klingt verrückt, aber manchmal ist es besser zu leiden und zu wachsen als nicht zu leiden und seelisch zugrunde zu gehen.
Und für alle denen es ähnlich schwerfällt, hier noch eine Geschichte:
Eines Sommers beobachtete ich auf meinem Balkon, dass sich eine Biene gerade im Netz einer Spinne verheddert hat. Mir tat die Biene in ihrem Überlebenskampf leid und ich befreite sie aus dem Netz. Meine Motivation war also eine gute, aber leider keine weise. Wie heißt es doch so treffend? Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint. Zu spät wurde mir klar, was ich in meinem Gutmenschsein-wollen angerichtet habe. Die Biene war nämlich bereits so mit Spinnweben verklebt, dass sie nun im Blumentopf lag und noch schlimmer dahinsiechte als zuvor. Das wundervolle Netz der Spinne habe ich zerstört und ihr Mittagessen habe ich ihr ebenfalls weggenommen. Da wurde mir klar, dass ich noch viel mehr Unheil angerichtet habe als es gewesen wäre, wenn ich es einfach so gelassen hätte, wie die Natur es offenbar vorgesehen hat. Ich war sehr betroffen und dachte intensiv über mein Verhalten und, ganz wichtig, über mein Problem mit dieser Situation nach.
Eine weitere, ähnliche Situation erlebte ich eines Tages auf meinem täglichen Waldspaziergang mit meinem Hund. Auf dem Waldweg, auf welchem hin und wieder auch ein Traktor oder Mountainbiker daherkamen. Da entdeckte ich nämlich eine wunderschöne Schnecke auf dem Weg. Ich dachte, dass dies ganz schön gefährlich für sie wäre, mitten auf dem Weg und erst noch direkt hinter der Kurve so gemütlich daher zu kriechen. Also brachte ich sie in ‚Sicherheit’. Ich hob sie auf und legte sie neben dem Weg ins Gras von wo aus sie gefahrlos ins hohe Gras weiter kriechen konnte. Aber keine halbe Minute später kam ein Fahrradfahrer um die Ecke geprescht. Dieser sah mich und meinen Hund und wich großzügig über den Wegrand hinaus aus, damit wir uns nicht erschrecken. Und wie in Zeitlupe beobachtete ich, wie dieser, begleitet von einem schmerzhaften Knacken, direkt über meine gerettete Schnecke fuhr und dieser ihr Ableben bescherte. Autsch, schon wieder hatte ich es offensichtlich zu gut gemeint und nicht die Folgen meines Tuns erfasst. Das tat weh und ich ärgerte mich sehr über meine erneute Dummheit. Ich musste fortan wirklich besser in mich hinein hören in meinem Unterfangen ein guter Mensch sein zu wollen. Es gab noch mehrere solche Erfahrungen bis ich endlich begriff, dass man – wenn man es richtig machen will – ganz genau auf die Stimme seiner Intuition hören muss und ich erkannte ebenfalls, dass mein Mitleid und mein Unvermögen mit Leid umzugehen es mir nahezu verunmöglichte, die wahre und echte Stimme meines Herzens zu vernehmen. Wie gesagt, sehr lehrreich.
Wie sagte der Vogel zum Fisch als er ihn auf einem Baum absetzte? „Ich rette Dich vor dem Ertrinken.“ Tja, gut gemeint ist offensichtlich nicht gut genug. Das musste ich zuerst mal begreifen und lernen meine eigenen Probleme zu transformieren.
Daher kann ich es nicht oft genug betonen wie eminent wichtig eine wirklich gute...[Mehr mit Premium]
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